Der besondere Tag
UNESCO berät über Nominierungen
für Weltdokumentenerbe
Behaim-Globus
Codex Manesse
Dokumente zur Geschichte der Hanse
Karolingische Handschriften aus der
Hofschule Kaiser Karl des Großen
Dokumentarfilm Shoah
von Claude Lanzmann
Mawlanas Kulliyat
Vom 10. bis 24. Mai tritt der UNESCO-Exekutivrat in Paris zusammen. In seiner anstehenden Sitzung berät das Gremium unter anderem über Neuaufnahmen in das internationale UNESCO-Register „Memory of the World“.
Das Weltdokumentenerbe vereint Buchbestände, Handschriften, Partituren, Bild-, Ton– und Filmaufnahmen, die kulturelle Wendepunkte der Menschheitsgeschichte markieren.
In diesem Jahr sind 64 Dokumente nominiert. Die Entscheidung wird für Mitte kommender Woche erwartet.
Aus Deutschland sind vier Dokumente zur Aufnahme vorgeschlagen:
Behaim-Globus
Der Behaim-Globus im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg ist die älteste erhaltene Darstellung der Erde in Kugelgestalt, also der älteste Globus der Welt.
Versehen mit hunderten Piktogrammen und Ortsbezeichnungen, kleinen erzählerischen Texten, Herrscherbildern, Wappen, Fabelwesen und Tieren vermittelt der Globus ein enzyklopädisches Bild des geografischen und historischen Wissens des ausgehenden Mittelalters.
Codex Manesse
Der Codex Manesse der Universitätsbibliothek Heidelberg, auch „Große Heidelberger Liederhandschrift“ genannt, ist die umfangreichste Sammlung mittelhochdeutscher Lied- und Spruchdichtung.
Vermutlich auf Initiative der Zürcher Patrizier Johann und Rüdiger Manesse wurde um 1300 mit dieser Sammlung begonnen. Berühmt wurde die Handschrift vor allem durch ihre farbenprächtigen, ganzseitigen Miniaturen. Sie zeigen die Dichter in idealisierter Form bei höfischen Aktivitäten.
Dokumente zur Geschichte der Hanse
Unter Federführung des Archivs der Hansestadt Lübeck wurden 17 Dokumente zur Geschichte der Hanse für die Aufnahme in das internationale UNESCO-Register „Memory of the World“ ausgewählt, die in Archiven in Belgien, Dänemark, Estland, Lettland, Polen und Deutschland lagern.
Gemeinsam zeugen sie von der Entwicklung Nordeuropas vor über 600 Jahren, die durch den Zusammenschluss der Kaufleute und ihre rund 200 Mitgliedstädte geprägt wurde. Der Handelsraum der Hanse berührte 25 heutige europäische Staaten.
Karolingische Handschriften aus der Hofschule Kaiser Karl des Großen
Die Handschriften aus der Hofschule Kaiser Karls des Großen zählen zu den bedeutendsten Bilderhandschriften aus der Zeit der karolingischen Kaiser um das Jahr 800. Es sind Handschriften nominiert, die heute in Archiven in Frankreich, Großbritannien, Österreich, Rumänien und Deutschland bewahrt werden.
Die Bibliothek der Stadt Trier hat die Nominierung koordiniert. Inhaltlich enthalten die Handschriften den lateinischen Text der vier Evangelien.
Darüber hinaus sind Dokumente aus Deutschland Teil zweier weiterer internationaler Nominierungen:
Dokumentarfilm Shoah von Claude Lanzmann
Der Dokumentarfilm Shoah von Claude Lanzmann gilt als das zentrale filmische Werk über die systematische Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten. Lanzmann reiste zwischen 1974 und 1985 durch Europa und sprach für seinen Film mit Überlebenden, Zeugen und Tätern des Völkermords.
An der Nominierung der französischen Association Claude et Felix Lanzmann beteiligt sich das Jüdische Museum Berlin, das 120 Kassetten mit Audioaufnahmen zum Film verwahrt.
Mawlanas Kulliyat
Der Gelehrte und Sufi-Meister Rumi, der auch unter seinem Beinamen Mawlana bekannt geworden ist, gilt als einer der bedeutendsten persischsprachigen Dichter des Mittelalters. Seine gesammelten Werke, die er im 13. Jahrhundert schuf, wurden in viele Sprachen übersetzt und gelten bis heute als wichtige Quelle für die Geschichtswissenschaft.
Die Schriften wurden von der Türkei unter Beteiligung von Bulgarien, Deutschland, dem Iran, Tadschikistan und Usbekistan nominiert. Ein Teil der Dokumente befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek und der Staatsbibliothek zu Berlin.
Hintergrund
Das UNESCO-Programm zum Weltdokumentenerbe wurde 1992 ins Leben gerufen. Ziel des 1997 im Rahmen des Programms gestarteten internationalen Registers ist es, dokumentarische Zeugnisse von außergewöhnlichem Wert in Archiven, Bibliotheken und Museen zu sichern, zugänglich zu machen und auf deren Bedeutung hinzuweisen.
Über Aufnahmen entscheidet der Exekutivrat der Weltkulturorganisation auf Empfehlung des Internationalen Komitees für das UNESCO-Programm „Memory of the World“. 432 Dokumente aus allen Weltregionen zählen derzeit zum Weltdokumentenerbe, darunter 24 aus Deutschland.
Weitere Informationen
Nominierungen für das Weltdokumentenerbe
Weltdokumentenerbe
Der besondere Tag Buchtipp
Der Codex Manesse: Geschichte, Bilder, Lieder
von Anna Kathrin Bleuler
C.H.Beck; 1. Edition (15. März 2018)
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 128 Seiten
ISBN-13: 978-3406721342
Buchzitat: Mit dem Codex Manesse beherbergt die Heidelberger Universitätsbibliothek den wohl berühmtesten und umfangreichsten Prachtkodex seiner Zeit. Das reich illustrierte Liederbuch ist nicht nur ein Kleinod mittelalterlicher Buchmalerei, sondern vor allem ein einzigartiges Zeugnis des Reichtums mittelhochdeutscher Lyrik, von der Zeit Barbarossas im 12. Jahrhundert bis zu den Anfängen des 14. Jahrhunderts.
Die Literaturwissenschaftlerin Anna Kathrin Bleuler macht diesen Schatz einer breiten Leserschaft zugänglich. Ihre anschauliche Darstellung ist gleichermaßen dem Inhalt wie der Entstehungsgeschichte des Codex gewidmet. Sie erhellt das Wesen der Autorenbilder im Codex und entwirft ein Panorama der Formenvielfalt des mittelalterlichen Minnesangs.
Der Codex Manesse: Die berühmteste Liederhandschrift des Mittelalters
von Lothar Voetz
wbg Edition in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (wbg)
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
ISBN-13: 978-3534289028
Buchzitat: Ein Buch mit sieben Siegeln: Welche Rätsel und Geheimnisse umranken die Manessische Liederhandschrift?
Der Codex Manesse ist die bedeutendste Sammlung mittelalterlicher Lyrik: Die Werke von 140 Dichtern sind hier der Nachwelt erhalten geblieben. Entstanden zu Beginn des 14. Jahrhunderts, ist die Handschrift mit ihren farbenprächtigen Illustrationen auch über die Grenzen der Mediävistik hinaus bekannt.
137 Miniaturen zeigen die Minnesänger bei höfischen Aktivitäten und machen den Codex Manesse zu einem einzigartigen Zeugnis mittelalterlicher Buchkunst.
Der Heidelberger Altgermanist Lothar Voetz ist einer der besten Kenner des Codex Manesse. In diesem Prachtband beschreibt er fundiert und kenntnisreich den Wissensstand zu Entstehung, Wirkung und Geschichte der mittelalterlichen Handschrift.